Ralph Sina, der unter anderem von 2007 bis 2014 aus Washington DC für den ARD-Hörfunk berichtete und von 2014 bis 2021 Leiter des WDR/NDR-Studios Brüssel tätig war, kam auf Einladung des aktuellen forums Volkshochschule und des Alexander-Hegius-Gymnasiums zum dritten Mal nach Ahaus. Er referierte dieses Mal über das Thema: „America First – Europa muss aufwachen!“
In der vollbesetzten Tonhalle im Kulturquadrat hielt Ralph Sina einen spannenden Vortrag über die kommende US-Wahl am 5. November, die nicht nur für die USA, sondern auch für die Beziehungen zwischen USA und EU richtungsweisend sein wird. „Eines ist schon jetzt sicher“, so Sina, „nach der US-Wahl kommen auf uns und die EU rauere, härtere und kostspieligere Zeiten zu.“ Dies gelte auch im Falle eines Wahlsiegs der Demokraten, denn, so betont Sina, „schon unter Barack Obama haben die Amerikaner damit begonnen sich von Europa abzuwenden.“ Die USA sei nicht länger gewillt die Schutzmacht der europäischen Wohlfahrtsstaaten zu sein. Deutschland und die EU können sich deshalb immer weniger auf die US-Sicherheitsgarantien verlassen und stehen daher unter massivem Handlungsdruck.
Neben Fragen der Sicherheitspolitik ging Sina auch auf die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen ein und machte deutlich, dass es auch in diesem Punkt keine so großen Unterschiede zwischen Republikanern (Trump) und Demokraten (Harris) gebe, da beispielsweise die Haltung gegenüber China ähnlich sei, beide mehr Engagement von der EU fordern und Zölle ins Spiel brächten.
Angesichts dieser Herausforderungen sei es nach Sina für die EU höchste Zeit sich von ihrer behüteten Kindheit zu verabschieden und erwachsen zu werden, wobei die Pubertät möglichst übersprungen werden sollte, da die Zeit drängt. Die EU sollte deshalb ihre eigenen Fähigkeiten von Rüstung bis Finanzwirtschaft bündeln und ausbauen. Denn nur gemeinsam seien die Europäer stark genug, um auf der internationalen Bühne bei Problemen von Umwelt- bis Sicherheitspolitik einen Unterschied zu machen. Hierzu gehöre auch, sich eigene Abhängigkeiten bewusst zu machen und diese abzubauen.
Nach dem lebhaften und anschaulichen Vortrag von Ralph Sina, bei dem es neben den oben erwähnten Themen auch um den Kulturkampf in den USA und seiner Tätigkeit als Korrespondent in Washington DC ging, folgte eine Fragerunde vom Podium mit dem Direktor der VHS Dr. Nikolaus Schneider und den beiden Schülern vom AHG Darius Rücker und David Scheffner, die mit ihren interessanten Fragen die Thematik weiter vertieften. Zusätzlich gab es für die zahlreichen Zuhörer, unter denen sich auch über fünfzig Schülerinnen und Schüler des AHG befanden, die Möglichkeit während des Vortrags mittels eines Live-Chats Fragen zu stellen, die am Ende von den beiden Schülern Barra Haikal und Paul Namagambe in einer Auswahl vorgestellt und vom Vortragenden beantwortet wurden.
Im Anschluss an die Veranstaltung wurde Ralph Sina von David Scheffner noch fast eine Stunde interviewt und zeigte sich begeistert über das Interesse und Engagement der Schüler.